Jörg Leine
Finanztip-Experte für Steuern
Das Wichtigste in Kürze
- Seit 2009 behalten Finanzinstitute 25 ProzentAbgeltungssteuer auf Zinsen, Dividenden und realisierte Kursgewinne ein. Hinzu kommt der Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer.
- Beim Verkauf von Aktien gilt, dass die zuerst angeschafften als zuerst veräußert behandelt werden. Aktien, die bis Ende 2008 investiert wurden, können steuerfrei verkauft werden.
- 2018 hat sich die Besteuerung von Investmentfonds grundlegend geändert. Details liest Du im Artikel zum Investmentsteuerreformgesetz.
So gehst Du vor
- In Deiner Steuererklärung musst Du normalerweise keine Kapitalerträge angeben. Es sei denn es wurde hierfür noch keine Abgeltungssteuer einbehalten.
- Du kannst den Abzug von Abgeltungssteuer umgehen. Stelle hierfür bei Deinen Banken Freistellungsaufträge. Der Sparerpauschbetrag beträgt seit 2023 für einen Ledigen 1.000 Euro und 2.000 Euro für Verheiratete (zuvor 801 und1.602 Euro).
- Wer mit seinem zu versteuernden Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags liegt, kann beim Finanzamt eine Nichtveranlagungsbescheinigung beantragen. Diese gibst Du Deiner Bank, damit sie keine Abgeltungssteuer einbehält.
Inhalt
- Wie hoch ist die Abgeltungssteuer konkret?
- Nutze Deinen Freibetrag
- Worauf fällt die Abgeltungssteuer an?
- Alte Aktien kannst Du steuerfrei verkaufen
- Was ist mit ausländischen Kapitalerträgen?
Sparer, die Geld anlegen in Form von Bankeinlagen, Aktien, Anleihen, Fonds oder Zertifikaten, sind von der Abgeltungssteuer betroffen. Sie wird seit 2009 fällig für Zinsen, Dividenden und realisierte Kursgewinne – sogenannte Kapitaleinkünfte. Die Abgeltungssteuer beträgt pauschal 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag. Sie wird von der Bank einbehalten und an das Finanzamt abgeführt.
Übrigens: Gebräuchlich und auch richtig sind beide Schreibweisen des Begriffs: sowohl Abgeltungssteuer als auch Abgeltungsteuer mit nur einem „s“ in der Mitte.
Wie hoch ist die Abgeltungssteuer konkret?
Wenn von der Abgeltungssteuer die Rede ist, fallen immer die 25 Prozent als Steuersatz. Das ist im Prinzip richtig, aber dabei wird gelegentlich vergessen, dass in jedem Fall noch der Solidaritätszuschlag oben drauf kommt. Der wurde zwar für die meisten Steuerzahler Ende 2021 abgeschafft, aber ausdrücklich nicht für Kapitaleinkünfte.
Da der Soli 5,5 Prozent beträgt, liegt die Abgeltungssteuer bei 25 + 25 x 0,055, also 26,375 Prozent.
Wenn Du in der Kirche und damitkirchensteuerpflichtig bist, erhöht sich die Abgeltungssteuer noch mal. Zwar greift nicht der komplette Kirchensteuersatz von 8 beziehungsweise 9 Prozent, doch am Ende beträgt die Abgeltungssteuer mit Soli und Kirchensteuer für Dich
- 27,82 Prozentin Baden-Württemberg und Bayern sowie
- 27,99 Prozent in allen anderen Bundesländern.
Die zugehörige Rechnung ist etwas komplizierter, da die Kirchensteuer zuerst den Steuersatz der Abgeltungssteuer etwas mindert. Grund: Die Kirchensteuer zählt zu den absetzbaren Sonderausgaben.
Es gilt: Die Abgeltungssteuer wird um 25 Prozent der auf die Kapitalerträge entfallenen Kirchensteuer gemindert. Du rechnest zum Beispiel bei 8 Prozent Kirchensteuer: 100 : (4 + 0,08) = 24,51 Prozent. Dann kommen die anteilige Kirchensteuer und der Soli obendrauf.
Tabelle: Abgeltungssteuer mit Soli und Kirchensteuer
Kirchensteuer | 8 % (Ba-Wü, Bayern) | 9 % (andere Länder) | keine Kirchensteuer |
geminderte Abgeltungssteuer | 24,51 % | 24,45 % | 25 % |
anteilige Kirchensteuer | 1,96 % | 2,20 % | 0 % |
anteiliger Soli | 1,35 % | 1,34 % | 1,38 % |
Abgeltungssteuer | 27,82 % | 27,99 % | 26,38 % |
Quelle: finanztip-Berechnung, gerundet auf zwei Nachkommastellen(Stand: 07. Februar 2024)
Du siehst, dass die Abgeltungssteuer zwischen 26,38 und 27,99 Prozent liegt.
Wie kommt die Kirchensteuer zum Finanzamt?
Kapitaleinkünfte unterliegen wie eben geschrieben auch der Kirchensteuer. Diese wurde frühernur dann von Deiner Depotbank an das Finanzamt abgeführt, wenn Du einen Antrag auf Einbehalt der Kirchensteuer gestellt hast. Wer diesen Antrag nicht gestellt hatte, musste die Kirchensteuer im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung zahlen.
Seit Januar 2015 musst Du einen solchen Antrag auf Einbehalt der Kirchensteuer nicht mehr stellen. Denn seitdem erhalten die Banken die Information über die Religionszugehörigkeit ihrer Kunden vom Bundeszentralamt für Steuern in Bonn (BZSt) und führen die Kirchensteuer direkt an das Finanzamt ab.
Die rechtlichen Grundlagen zur Abgeltungssteuer findest Du in Paragraf 32d Einkommensteuergesetz. Weitere Details klärt ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 19. Mai 2022, das mit weiteren Schreiben vom 20. Dezember 2022 sowie vom 11. Juli 2023 ergänzt wurde.
Sorge unbedingt dafür, dass Du einen korrekten Freistellungsauftrag erteilst und den Freibetrag auf Deine verschiedenen Anlagen ausgeschöpft hast. Die Freistellungsaufträge kannst Du auch unterjährig ändern und so den Steuerabzug über Deine diversen Depots optimieren. Dafür musst Du Deiner Bank einen schriftlichen Auftrag erteilen.
Finanztip-Newsletter mit 1 Million Abonnenten
Vermögensaufbau, Steuern und hohe Inflation: Unsere Finanztip-Expertenredaktion versorgt Dich in unserem wöchentlichen Newsletter mit den wichtigsten Tipps rund um Dein Geld.
Nutze Deinen Freibetrag
Seit 2009 sind die vorher geltenden Freibeträge in einem Sparerpauschbetrag zusammengefasst. Er beträgt seit dem 1. Januar 2023 1.000 Euro für Ledige, für Verheiratete das Doppelte, also 2.000 Euro. Vor 2023 waren es noch 801 beziehungsweise 1.602 Euro.
Gleichzeitig hat der Gesetzgeber die Abrechnung von Werbungskosten in der Steuererklärung gestrichen. Somit dürfen auch Kosten für einen Kredit, der für den Kauf von Wertpapieren verwendet wird, nicht mehr steuerlich geltend gemacht werden.
Kapitalverluste verrechnen
Du darfst Verluste aus Kapitalerträgen mit den positiven Einkünften aus Deinen Anlagen verrechnen. Beispiel: Erzielst Du nach dem Verkauf einer Lebensversicherung einen Verlust, so kannst Du diesen mit Deinen Zinserträgen aus Sparkonten verrechnen. Aktienverluste darfst Du aber nur mit Kursgewinnen aus Aktiengeschäften verrechnen. Laut einer Übergangsregelung konnten bis Ende 2008 erlittene Verluste noch bis 2013 mit neuen Gewinnen verrechnet werden.
Worauf fällt die Abgeltungssteuer an?
Hier erhältst Du einen Überblick über die verschiedenen Geldanlage-Produkte.
Kapitallebensversicherung
Läuft der Vertrag zwischen Dir und der Versicherungsgesellschaft noch keine zwölf Jahre und werden entsprechende Kapitalerträge aus der Versicherung schon vor dem 60. Lebensjahr ausgezahlt, bist Du als Versicherter verpflichtet, die Abgeltungssteuer von 25 Prozent auf den jeweiligen Betrag zu entrichten.
Vollkommen steuerfrei sind einmalige Auszahlungen – also das komplette eingezahlte Kapital plus die Erträge aus diesem Kapital – aus einer Lebensversicherung, wenn der Vertrag folgende Bedingungen erfüllt:
- die Laufzeit beträgt mindestens zwölf Jahre
- Vertragsbeginn war vor dem 1.1.2005
- die Todesfallleistung beträgt mindestens 60 Prozent der Versicherungssumme
- es wurden über mindestens fünf Jahre Beiträge gezahlt
Hast Du Deine Lebensversicherung nach dem 1. Januar 2005 abgeschlossen, musst Du die Hälfte des Geldes zum persönlichen Steuersatz versteuern. Dass es nur die Hälfte ist und nicht alles versteuert werden muss, ist allerdings auch an Bedingungen geknüpft:
- der Vertrag läuft mindestens zwölf Jahre
- die Auszahlung erfolgt erst nach dem 60. Lebensjahr
Bankeinlagen
Sämtliche Zinserträge unterliegen seit 1. Januar 2009 der Abgeltungssteuer.
Aktien
Die Abgeltungssteuer gilt für die gesamte Dividende und realisierte Kursgewinne, also Gewinne nach dem Verkauf der Aktien. Dabei spielt die Haltedauer keine Rolle.
Anleihen
Bei ihnen unterliegen Zinsen und Kursgewinne der Abgeltungssteuer.
Investmentfonds
Fondserträge, egal ob ausgeschüttet oder wieder angelegt, sind mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent zu versteuern. Gewinne aus Veräußerung von Fonds, Anteilen und Termingeschäften werden bei Ausschüttung von der Abgeltungssteuer erfasst.Ab 2018 sind Teile der Fondserträge bei Aktien- und Mischfonds pauschal steuerbefreit, dafür fällt die Anrechnung von Quellensteuer weg. Details dazu im Ratgeber Investmentsteuerreformgesetz.
Dachfonds
Bei Anteilen an einem Dachfonds, die vor 2009 angeschafft wurden, gilt die vor 2009 bestehende Rechtslage solange, bis der Fonds ausgezahlt und dann eine neue Anlage mit dem Geld getätigt wird. Da sie erst am Ende der Laufzeit steuerlich bewertet werden, können mit solchen Fonds, die je nach Ausrichtung Kapitalerträge aus Zinsen, Dividenden und Kursgewinnen erzielen, langfristig abgeltungssteuerfreie Erträge erzielt werden. Erträge aus Dachfonds, die nach dem 31. Dezember 2008 erworben wurden, unterliegen dagegen komplett der Abgeltungssteuer. Du solltest Dir also gut überlegen, ob Du Dich von solchen Anteilen trennst.
Finanzinnovationen
Kursgewinne aus solchen Anlagen, zum Beispiel aus Zertifikaten mit Kapitalgarantie oder aus Aktienanleihen, fallen ohne Berücksichtigung einer Frist stets unter die Abgeltungssteuer.
Zertifikate ohne Kapitalgarantie
Sie unterliegen gleichfalls der Abgeltungssteuer. Ausnahme: Risikozertifikate, die vor dem 15. März 2007 gekauft wurden, sind nach einjähriger Haltedauer steuerfrei.
Das Finanzgericht Niedersachsen (Beschluss vom 18. März 2022, Az. 7 K 120/21) hatte das Bundesverfassungsgerichtin einem konkreten Fall angerufen. Allerdings hat das zuständige Finanzamt kurz darauf am 2. Juni 2022 mitgeteilt, dass es die angefochtenen Einkommensteuerbescheide geändert und somit doch der Klage entsprochen habe. Daraufhin haben das Finanzamt und der Kläger denRechtsstreit einvernehmlich für erledigt erklärt. Das Bundesverfassungsgericht musste deshalb nicht mehr angerufen werden.
Noch mehr sparen mit Finanztip Deals!
200 € Neukundenbonus für die Eröffnung eines Wertpapierdepots, kostenlose Zeitschriften im Jahresabo undBahntickets zum Super-Sparpreis. Solche und andere heiße Deals findest Du in unserem Schnäppchen-Portal.
Zu den Deals
Alte Aktien kannst Du steuerfrei verkaufen
Das System der Abgeltungssteuer wurde zum 1. Januar 2009 eingeführt. Für Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren, die bis Ende 2008 gekauft wurden, gilt daher eine Besonderheit: Du kannst diese auch heute noch steuerfrei verkaufen.
Generell gilt für den Aktienverkauf das Prinzip „first in, first out“. Das heißt, dass zuerst angeschaffte Wertpapiere als zuerst verkauft gelten. Dementsprechend werden diese steuerlich behandelt. Dies kannst Du zu Deinem Vorteil ausnutzen. Hast Du beispielsweise 100 Fresenius-Aktien 2008 erworben und zudem ein Jahr später weitere 100 und willst nun 150 davon verkaufen, dann kannst Du 100 davon steuerfrei verkaufen und 50 nach dem Abgeltungssteuersatz.
Um solche Bestände leichter voneinander abgrenzen zu können, ist es in vielen Fällen besser, neue Anlagen in einem zweiten Depot zu verwahren. Insbesondere Anleger, die sehr oft Wertpapiere kaufen und verkaufen, sollten darüber nachdenken. Online-Depots verlangen oftkeine Grundgebühren, weswegen das finanziell keinen Unterschied macht. Die günstigsten Depots findest Du in unserem Ratgeber.
Achtung:Mit der seit 2018 geltenden Reform der Investmentbesteuerungwurde der Bestandsschutz von Investmentfondsaufgehoben: Anleger zahlen dann auf Erträge, die Altfonds ab 2018 erzielen, Abgeltungssteuer jährlich auf eine Pauschale und bei Verkauf. Erträge, die bis Ende 2017 erzielt wurden, bleiben steuerfrei. Für Privatanleger gibt es einen Freibetrag von 100.000 Euro.
Um ihn anwenden zu können, sollten Besitzer von Altfonds diese unbedingt halten. Wie die neue Besteuerung für Altfonds genau funktioniert, liest Du im Detailartikel zur Investmentsteuerreform.
Unser Podcast zum Thema
Was ist mit ausländischen Kapitalerträgen?
Auch auf Kapitalerträge, die Du im Ausland erzielst, musst Du Abgeltungssteuer zahlen. Hast Du Dein Depot oder Konto bei einer inländischen Bank, führt diese die Abgeltungssteuer automatisch an das deutsche Finanzamt ab, sofern die Erträge über den Freibetrag von 1.000 Euro (bis 2022: 801 Euro) hinausgehen und Du einen Freistellungsauftrag gestellt hast.
Ist das Konto oder Depot im Ausland oder kommen die Kapitalerträge von einer ausländischen Bank oder der ausländischen Tochter einer deutschen Bank, wird keine Abgeltungssteuer einbehalten. Das betrifft zum Beispiel Kunden, die bei der Leaseplan Bank, CA Consumer Finance oder Close Brothers ein Tagesgeld- oder Festgeldkonto haben.
Als Depot- oder Kontoinhaber hast Du die Pflicht, solche ausländischen Kapitalerträge, für die keine Abgeltungssteuer einbehalten wurde, in der Anlage KAP Deiner Steuererklärung anzugeben. Inländische Kapitalerträge ohne Steuerabzug musst Du dort ebenfallseintragen.
Autor
Jörg Leine
Weitere Themen
- Steuererklärung
- Steuererklärung 2020
- Steuererklärung 2018
- Einzelveranlagung
- Steuererklärung Anlage N
- Abfindung und Einkommensteuer: Steuerermäßigung
- Steuererklärung-Abgabefrist
- Steuererklärung 2021
- Steuererklärung 2019
- Härteausgleich Veranlagungsfreigrenze
- Ehegattensplitting
- Steuererklärung für Verstorbene
- Abgabepflicht Steuererklärung
- Progressionsvorbehalt
* Was der Stern bedeutet:
Finanztip ist kein gewöhnliches Unternehmen, sondern gehört zu 100 Prozent zur gemeinnützigen Finanztip Stiftung. Die hat den Auftrag, die Finanzbildung in Deutschland zu fördern. Alle Gewinne, die Finanztip ausschüttet, gehen an die Stiftung und werden dort für gemeinnützige Projekte verwendet – wie etwa unsere Bildungsinitiative Finanztip Schule.
Wir wollen mit unseren Empfehlungen möglichst vielen Menschen helfen, eigenständig die für sie richtigen Finanzentscheidungen zu treffen. Daher sind unsere Inhalte kostenlos im Netz verfügbar. Wir finanzieren unsere aufwändige Arbeit mit sogenannten Affiliate Links. Diese Links kennzeichnen wir mit einem Sternchen (*).
Bei Finanztip handhaben wir Affiliate Links jedoch anders als andere Websites. Wir verlinken ausschließlich auf Produkte, die vorher von unserer unabhängigen Experten-Redaktion ausführlich analysiert und empfohlen wurden. Nur dann kann der entsprechende Anbieter einen Link zu diesem Angebot setzen lassen. Geld bekommen wir, wenn Du auf einen solchen Link klickst oder beim Anbieter einen Vertrag abschließt.
Für uns als gemeinwohlorientiertes Unternehmen hat es natürlich keinen Einfluss auf die Empfehlungen, ob und in welcher Höhe uns ein Anbieter vergütet. Was Dir unsere Experten empfehlen, hängt allein davon ab, ob ein Angebot gut für Dich als Verbraucher ist.
Mehr Informationen über unsere Arbeitsweise findest Du auf unserer Über-uns-Seite.