Foodora: Die pinkfarbene Verführung
Seite 2/3:
Die Furcht der Gastronomen-Lobby hält Christian Leybold fürdurchaus berechtigt. Der Partner der Risikokapitalfirma E.Ventures hat sichausgiebig mit dem Markt für Essenslieferdienste befasst, sein Unternehmen hältnach eigenen Angaben aber weder Anteile an Foodora noch an dessen Konkurrenten Deliveroo. "Am Anfang versuchen die Dienste natürlich,Restaurants zu überzeugen, und machen im Zweifel günstige Konditionen",sagt Leybold. Dann aber drohe eine Monopolbildung. "Die These ist: Die Balance of Power kippt irgendwannzugunsten des einen Dienstes."
Und es gebe noch eine weitere Gefahr: "Die Marke unddie Kundenloyalität liegt jetzt noch beim einzelnen Restaurant", sagtLeybold. "Man wird also erst durch das Restaurant Kunde bei Foodora."Deshalb seien die Dienste darauf angewiesen, gute Lokale in ihr Portfolioaufzunehmen. "Wenn man jetzt aber zwei Jahre vorspult und der Kunde nichtmehr dem Restaurant sondern Foodora gehört, geht es darum: Wer steht oben aufder Website, wenn man zum Beispiel nach asiatischem Essen sucht." DieDienste hätten dann die Möglichkeit, den Traffic zu den Restaurants ihrer Wahlzu steuern, weil diese mehr Provision bezahlen – wie es bei den Buchungsportalen für Hotels schon der Fall ist. Das sei eine logischeEntwicklung bei Marktplätzen im Internet.
Dennoch hält Leybold den Lieferdiensten zugute, dass sie denMarkt für ein Restaurant drastisch erweitern könnten. "Das ist erst einmalzusätzlicher Umsatz", sagt der Kapitalgeber. Doch wie viel bleibt denRestaurants vom Umsatz überhaupt übrig, wenn Foodora oder Deliveroo mit Provisionenzwischen 15 und 30 Prozent arbeiten? Die übliche Kalkulation für einbeispielhaftes Schnitzelgericht funktioniert in der Gastronomie so: 16 Eurozahlt der Gast für das Gericht, davon bekommt das Restaurant 13,45 Euro an Umsatznach Abzug der Steuern. Knappe 30 Prozent davon gehen für den Wareneinsatz ab,25 Prozent für das Personal und ungefähr weitere 25 Prozent für Lokalmiete,Betriebskosten, Kredite und andere kleinere Posten. Am Ende gibt es somit einenGewinn von knapp 20 Prozent oder etwas mehr als 2 Euro für den exemplarischenSchnitzelteller.
Warum sollten Gastronomen in ein Geschäftsmodell einsteigen,das praktisch ihren gesamten Profit aufzehrt? Besuch in der BerlinerUnternehmenszentrale von Foodora: In Großraumbüros reihen sich dieSchreibtische aneinander, Software-Entwickler tippen Codes in ihre Tastaturen,auf Monitoren beobachten Mitarbeiter, wie über einen Algorithmus die Fahrer inden Städten zugeteilt werden. Emanuel Pallua, Gründer und Deutschland-Chef vonFoodora, verteidigt das Preismodell seiner Firma: "Es scheint sich für dieRestaurants zu lohnen, sonst würden nicht so viele mitmachen und so lange dabeibleiben." Schließlich könnten die Verträge monatlich gekündigt werden.
Pallua sagt, dass die Bestellungen über seine Plattform"für die Restaurants eher ein Zusatzgeschäft" seien. Die meistenwürden immer noch den Großteil ihres Umsatzes mit den Gästen im Lokalverdienen, da seien die Fixkosten ohnehin gedeckt. "Es kommt meist nur der entsprechende Wareneinsatz hinzu",sagt der Start-up-Chef. Dass ein Restaurant über Foodora so viele Bestellungenzusätzlich erhalte und dafür dann einen weiteren Koch beschäftigen müsse, seieher selten. "Außerdem sparen die Gastronomen an der Umsatzsteuer, die normalerweisebei 19 Prozent liegt, für außer Haus Lieferungen aber bei 7 Prozent." Foodoraübernehme hingegen alle Kosten, die im Liefergeschäft anfielen: Fahrer,Logistik, Onlinezahlung und ein aufwendiges Marketing. "Auch das Risikoder Falschplanung liegt bei uns", sagt Pallua. "Beispielsweise wennan einem Tag nur 5 Bestellungen anfallen, am nächsten aber 20."