Wenn BISON heute auf die Straße in einer belebten Innenstadt gehen würde und willkürlich fragen würde, welche Kryptowährungen die Passanten kennen, würden viele Leute keine Antwort parat haben. Diejenigen, die eine Antwort parat haben, würden überwiegend Bitcoin nennen. Im Anschluss würde Ethereum folgen. Denn diese zwei Kryptowährungen sind aktuell die bekanntesten Coins. Sowie die Coins mit der größten Marktkapitalisierung.
Vitalik Buterin war zunächst begeisterter Bitcoin-Anhänger. Er war so begeistert von der Blockchain-Technologie, dass er das Bitcoin Magazin gründete (Quelle: Bitcoin Magazin). Buterin erkannte jedoch die Limitationen Bitcoins und veröffentlichte daraufhin 2014 das Ethereum Whitepaper (Quelle: Ethereum.org). Seitdem entwickelt sich Ethereum stetig weiter und entfernt sich in vielen Punkten von Bitcoin.
Digitales Geld vs. dezentrale Plattform: Die Grundidee hinter Bitcoin ist die Schaffung eines digitalen Geldes, das dezentral verwaltet wird, keine Inflation erlebt und für jede:n nutzbar ist. Bitcoin soll langfristig die vorhandenen Währungen wie den US-Dollar, Yen oder Euro ersetzen können und eine jährliche Inflation – und damit Geldverlust – verhindern. Viele Bitcoin-Anhänger – Bitcoin-Maximalisten genannt – sehen Bitcoin als digitales Gold beziehungsweise Wertespeicher, der ihr Vermögen sichert (Quelle: Der Bitcoin-Standard, 2019).
Die Idee hinter Ethereum ist eine andere. Ethereum möchte das Konzept der Blockchain nutzen, um eine Plattform für Softwareanwendungen zu bieten. Ethereum dient als Grundlage für die Erstellung neuer Kryptowährungen, die auf der Ethereum-Technologie basieren (ERC20-Token). Auch als Grundlage für Programme (Apps) ist Ethereum gedacht. Diese Apps sind allerdings nicht zentral, wie beispielsweise im Apple App Store, sondern werden dezentral betrieben, weshalb sie auch dApps (dezentrale Apps) genannt werden (Quelle: Proof of Stake: The Making of Ethereum and the Philosophy of Blockchains, 2022). Beispiele für ERC20-Token sind Tether (USDT), Chainlink (LINK) und Shiba Inu (SHIB).
Gut zu wissen: Dogecoin, der Shiba Ina Konkurrent ist eine Abwandlung des Bitcoins.
Anzahl an Coins: Die Zahl 21 Millionen ist jedem bekannt, der sich einen Abend mit Bitcoin beschäftigt hat. Es wird maximal 21 Millionen Bitcoin geben. Im Juni 2023 existieren 19,3 der 21 Millionen Bitcoin. Ein Großteil der Gesamtmenge existiert somit bereits. Satoshi Nakamoto hat eine feste Grenze definiert, um einen inflationären Effekt der „Währung“ zu verhindern. Der Grund, weshalb nicht alle Bitcoins sofort zur Verfügung gestellt wurden, ist insbesondere der Motivation geschuldet, möglichst viele Personen davon zu überzeugen, Teil des Netzwerks als Validator oder Miner zu werden. Außerdem: Wer hätte die Bitcoins bekommen sollen? Aktuell ist der Prozess vergleichsweise demokratisch. Wer Teil des Netzwerks ist, hat die Chance, Bitcoins zu erhalten. Wer mehr Rechenleistung bereitstellt, hat höhere Chancen.
Vitalik Buterin und seine Mitgründer sind einen anderen Weg gegangen. Es gab ein sogenanntes Initial Coin Offering (ICO). Dies ist vergleichbar mit einem IPO an der Börse. Es wird zu Beginn eine feste Menge an Ethereum ausgegeben und Investoren können zu Beginn Coins kaufen und damit das Projekt finanzieren. Die Allgemeinheit kann nicht immer an einem ICO teilnehmen.
Ethereum führte sein ICO 2014 durch. Im Tausch für 1 Bitcoin (BTC) erhielten die Investoren 2.000 ETH (Quelle: coincodex.com) 2014 lag 1 BTC bei 300 bis 1.000 US-Dollar. Im Nachhinein ein guter Deal. Denn im Juli 2023 ist 1 ETH um die 2.000 US-Dollar wert. 1 BTC (300 – 1.000 US-Dollar) Einsatz wäre aktuell 4 Millionen Euro wert. Am Ende des ICOs wurden über 60 Millionen Ether-Token an Investoren ausgegeben und über 31.000 BTC eingesammelt. Zum Start des Netzwerks waren 72 Millionen Ether-Token verfügbar.
Im Gegensatz zu Bitcoin unterschied sich die Schöpfung der Coins zum Start des Netzwerks. Da bis 2022 Ethereum, wie Bitcoin, das Proof of Work Verfahren verwendete und Miner sowie Validatoren ebenfalls belohnte, stieg die Menge an Ether weiter an. Ethereum hatte keine maximale Menge an Coins festgelegt. Im Juli 2023 liegt die Menge an Ether bei über 120 Millionen (Coin Market Cap, Juli 2023). Die Menge hat sich seit Start des Netzwerks 2015 beinahe verdoppelt.
Mit einem der großen Updates 2023 wechselte Ethereum von Proof-of-Work auf Proof-of-Stake. Dazu unten mehr. Im Zuge des Updates wurde ein sogenannter Burn-Mechanismus eingeführt, der bei verschiedenen Aktionen im Netzwerk – zum Beispiel beim Transfer von Ether – einen Teil der Coins verbrennen soll. Ziel dieses Mechanismus ist es, den stark inflationären Charakter von Ethereum zu minimieren. Laut einer Analyse ist Ethereum aktuell nicht deflationär (die Menge an Ether sinkt nicht), aber die Menge an Ether steigt deutlich langsamer an (Quelle: Coincerge, 2022).
Konsensmechanismus: Beim Konsensmechanismus handelt es sich um ein Verfahren, um in einem Blockchain-Netzwerk einen Konsens zu finden, eine einstimmige Entscheidung. Erklären wir dies mit einem simplen Beispiel. Du gehst durch die Stadt mit 9 Freunden. Dabei überquert ihr viele Ampeln. 5 deiner Freunde, inklusive dir, verlassen sich darauf, dass 1 Person die Ampel im Blick behält. Diese Person muss dafür ihre Aufmerksamkeit einsetzen, um die Ampel im Blick zu behalten und um entscheiden zu können, ob aktuell Rot oder Grün ist. Kurz bevor die Ampel überkreuzt wird, sagt der aufmerksame Freund, welche Farbe er sieht. Die restlichen 3 Freunde schauen kurz auf die Ampel und prüfen die Aussage des Freundes. Sie validieren seine Aussage und sorgen für einen Konsens in der Gruppe. Dies verhindert, dass der aufmerksame Freund bewusst oder unbewusst eine falsche Aussage trifft.
Diese Art von Konsens wird in einer Blockchain ebenfalls getroffen. Wie ein Konsens getroffen wird, unterscheidet sich je nach Kryptowährung beziehungsweise Blockchain. Die zwei bekanntesten Konsensmechanismen lauten Proof of Work und Proof of Stake. Bis 2022 nutzten Ethereum und Bitcoin Proof of Work (PoW). Mittlerweile nutzt Ethereum Proof of Stake (PoS). Weshalb sich Bitcoin für PoW entscheidet und Ethereum auf PoS gewechselt ist, werden wir in diesem Artikel nicht beleuchten. Wir werden allerdings die Unterschiede erläutern. Zu Beginn steht immer ein Block mit Transaktionen, die geprüft werden müssen. Was bei Euro-Überweisungen die Bank übernimmt, macht hier das Blockchain-Netzwerk.
Proof of Work: Um die Transaktionen zu prüfen, muss beim Proof of Work Energie aufgewendet werden. Mithilfe der Energie – Rechenleistung – versuchen sogenannte Miner ein mathematisches Rätsel zu lösen. Dieses Rätsel kann nur durch Zufall gelöst werden. Je mehr Rechenleistung ein Miner besitzt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er das Rätsel zufällig löst. Wurde ein Block gelöst, wird er an die vorhandene Blockchain angehängt. Im Prinzip kann jeder Miner behaupten, das Rätsel gelöst zu haben. Ein Rätsel lässt sich zwar schwer lösen, aber einfach kontrollieren. Diese Aufgabe übernehmen die Validatoren. Sie prüfen, ob die Lösung zum Rätsel passt. Wurde der Block oft genug validiert, gilt dieser als offizieller Block und der Miner erhält eine Belohnung. Dieses Verfahren gilt als besonders sicher, aber zugleich ist es sehr rechenintensiv.
Proof of Stake: Um die Transaktion beim Proof of Stake zu prüfen, ist kaum Rechenleistung nötig. Sondern Vertrauen. Das Grundprinzip lautet: Wer viele Anteile einer Kryptowährung besitzt, der möchte nicht, dass diese Kryptowährung an Wert verliert und deshalb kann man dieser Person mehr vertrauen. Um einen Block zu validieren, muss man Validator werden. Dies wird bei Ethereum möglich, wenn man mindestens 32 Ether (ETH) besitzt und diese „sperren lässt“. Je mehr Ether man sperren lässt, desto höher die Wahrscheinlichkeit als Validator ausgewählt zu werden. Für die Bestätigung eines Blocks sind mehrere Validatoren notwendig. Stimmen die Validierungen nicht mit den anderen Validatoren ein, kann dies zum Verlust der gesperrten Ether kommen. So soll garantiert werden, dass immer ein Konsens über die korrekten Transaktionen getroffen wird.
Um Proof of Stake vereinfacht darzustellen: Du gibst deinem Kind 5 Euro Taschengeld die Woche. Zugleich bietest du deinem Kind an, das Taschengeld zu verdoppeln, wenn dies eine Inventur der Speisekammer durchführt. Führt das Kind die Inventur korrekt durch, erhält es die Belohnung. Führt das Kind die Inventur falsch durch, verliert es sein Taschengeld. Zusätzlich bietest du deinem zweiten Kind denselben Deal an. Dies führt zu einer doppelten Kontrolle und Sicherheit der Validierung.
Tatsächliche Dezentralität: Eine Blockchain unterscheidet sich von einem klassischen Datei-/Informationsspeicher durch seine Dezentralität. Nehmen wir an, zwei Unternehmen starten eine Kooperation. Wer erhält die Kontrolle über die Daten? Dafür könnte eine Blockchain genutzt werden. In der Realität gibt es erste Blockchain-Experimente zwischen Verwaltungen und Bundesländern (Quelle: Bundesnetzagentur). Das Beispiel zeigt, dass ein Blockchain-Netzwerk nicht aus Tausenden oder Millionen von Teilnehmern bestehen muss, um als dezentral zu gelten.
Auch die Macht einzelner Teilnehmer kann sich unterscheiden. Ein Netzwerk, das mit dem Proof of Work Verfahren arbeitet, kann ins Ungleichgewicht geraten, wenn 1 Akteur 51% der Rechenleistung besitzt. Angenommen in einem PoW-Netzwerk befinden sich 1 Million Teilnehmer, 90% der Rechenleistung teilt sich jedoch auf 20 Miner auf. Wie dezentral ist dieses Netzwerk tatsächlich?
Dieselbe Frage kann für einen Proof of Stake Mechanismus gestellt werden. Wenn einzelne Validatoren deutlich mehr Ether besitzen als der Rest des Netzwerks, wie dezentral ist dieses Netzwerk? Bei Ethereum kommt hinzu, dass ein Validator 32 ETH besitzen muss, um validieren zu dürfen. Dies entspricht aktuell um die 55.000 Euro (Stand: Juli 2023). Im Bitcoin-Netzwerk kann jede Person Miner und Validator sein. Die Chance auf eine Belohnung (Reward) ist zwar minimal, aber vorhanden.
Sowohl über Bitcoin als auch Ethereum gibt es Diskussion, wie dezentral die jeweiligen Netzwerke wirklich sind.